Januar 2, 2025

Physiotherapeut, YouTuber, Honorardozent und Inhaber von MedSuche.com & Active Physio

Januar 2, 2025

Das Wichtigste in Kürze:

  • Schutzspannung statt Narbenbildung: Obwohl nach einer Narkosemobilisation oft 130° Kniebeugung erreicht werden, fällt die Beugung am nächsten Tag häufig wieder auf 90° zurück – verursacht durch Angst und Schutzspannung, nicht durch neu entstandenes Narbengewebe.
  • Entspannung als Schlüssel: Gezielte Techniken wie Wärmeanwendungen, leichte Bewegungen (z. B. mit einem Bettfahrrad) und Atemübungen reduzieren Stress und helfen, das Bewegungsausmaß nachhaltig zu verbessern.
  • Weniger ist mehr: Ein behutsames Vorgehen und kontrollierte Übungen steigern langfristig die Beweglichkeit besser als überintensive Therapie und schützen vor erneuten Rückschritten.

(Warum dieses Thema auch bei Osteoporose-Behandlung relevant sein kann)

Häufig kommen Patienten nach einer Narkosemobilisation zu mir. Sie hatten zuvor bereits intensive Physiotherapie im Krankenhaus, doch der Fortschritt war nicht wie erhofft: Die Kniebeugung lag vielleicht nur bei 70 oder 80°, sodass der Operateur eine Narkosemobilisation vorschlug.

Erfolgsbericht und dann der Rückschlag – Warum?

Im Arztbericht liest man häufig, dass das Kniegelenk direkt nach der Mobilisation sehr gut beweglich war und sogar 130° erreicht wurden. Am Tag nach der Narkose liegt die maximale Beugung jedoch oft wieder nur bei 90° oder 95°.


Kann sich Narbengewebe so schnell bilden?

Eine berechtigte Frage: Kann der Körper innerhalb von 24 Stunden wirklich so viel Narbengewebe aufbauen, dass das Bewegungsausmaß wieder um 30–40° eingeschränkt wird? Die Antwort lautet: eher nicht. Hier müssen wir woanders suchen, denn Narbengewebe, das die Beugung einschränkt, entsteht nicht binnen weniger Stunden.

Was passiert während der Narkose?

Eine Narkose „schaltet“ das Bewusstsein aus, also zum Beispiel auch die Angst vor einer schmerzhaften Bewegung. Zudem wird das Schmerzempfinden blockiert. Unter diesen Bedingungen kann das Knie plötzlich wieder 130° gebeugt werden.


Schutzspannung statt Narbengewebe

Weshalb ist die Beugung danach trotzdem wieder eingeschränkt? Bänder oder Faszien, die wenige Stunden zuvor noch beweglich waren, können nicht so schnell „steif“ werden. Viel wahrscheinlicher ist, dass das Gehirn eine Art Schutzspannung aufbaut, um das Knie zu „beschützen“. Dieses Alarmprogramm aktiviert den gesamten Körper und macht eine tiefe Kniebeugung unmöglich oder sehr unangenehm.

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Was hat eine Schonhaltung damit zu tun?

Viele Menschen leiden unter den Schmerzen nach der Operation und nehmen Schutzhaltungen ein. Wird das Kniegelenk dabei nicht ausreichend bewegt, kann es  zu Bewegungseinschränkungen kommen. Ein Übermaß an Schonung oder „festgefahrene“ Bewegungsmuster können ungünstig für den Heilungsprozess sein.


Entspannung als Schlüssel zum Erfolg

Um aus diesem Alarmzustand herauszukommen, braucht es oft gezielte Entspannung und ein vorsichtiges Heranführen an das aktuelle Bewegungslimit. Hierbei geht es darum, die zurzeit mögliche maximale Beugung – ohne Schmerzen – bewusst wahrzunehmen und zu akzeptieren.


Konkrete Maßnahmen zur Entspannung

  • Wärmeanwendungen: Ein wärmendes Bad, Wärmepackungen oder eine warme Dusche können die Muskulatur lockern.
  • Entspannungsübungen: Atemtechniken, leichte Meditation oder progressive Muskelentspannung helfen, Stress und Schutzspannung abzubauen.
  • Leichte Bewegungen: Zum Beispiel mit einem Bettfahrrad (durch kurze Kurbeln ist keine große Kniebeugung nötig).


Übungen, die (Selbst-)Kontrolle geben

Im nächsten Schritt wählen wir Übungen, in denen du dich wohlfühlst und jederzeit das Gefühl hast, die Bewegung selbst steuern zu können. Oft fühlen sich Patienten ausgeliefert, wenn Therapeuten das Knie durchbewegen. Das lässt die Schutzspannung ansteigen.

Beispielübungen für eine bessere Kniebeugung

  1. Knien auf Bett oder Couch
    • Langsam das Gesäß in Richtung Fersen absenken und diese Position kurz halten.
  2. Knieüberhang
    • Das Bein behutsam in den Überhang legen, sodass eine gewisse Kniebeugung vorgegeben, aber nicht erzwungen wird.
    • Das Bein dabei großflächig stützen und nur so weit beugen, wie es angenehm ist.

Weitere Übungen und Techniken findest du beispielsweise im Kapitel „Schutzspannung“ meines entsprechenden Online-Kurses.


Weniger ist manchmal mehr

Viele Menschen, die mit diesem Problem zu tun haben, sind überengagiert und möchten schnellstmöglich ihre Beweglichkeit zurückerlangen. Doch oft ist genau das Gegenteil ratsam: ein wenig „Gas rausnehmen“, neu ansetzen und ruhiger üben. Eine Vorbereitung auf die TEP-Operation kann hier im Vorfeld hilfreich sein.

Frische Perspektive: Der Weg zu einer besseren Kniebeugung

Wenn wir die Situation aus einem neuen Blickwinkel betrachten, können wir bessere Erfolge erzielen. Versuche, dir bewusst zu machen, dass nicht immer „mehr“ auch „besser“ ist. Gerade bei Osteoporose-Behandlungen oder nach einer Knie-TEP ist es wichtig, die individuellen Grenzen deines Körpers zu respektieren, um letztlich besser und vor allem nachhaltiger voranzukommen.

Fazit: Die Kniebeugung nach einer Narkosemobilisation ist oft nicht deshalb eingeschränkt, weil sich innerhalb kürzester Zeit Narbengewebe gebildet hat. Vielmehr ist es eine Schutzreaktion des Körpers. Mit gezielter Entspannung, kontrollierten Übungen und einem aufmerksamen Umgang mit den eigenen Grenzen lässt sich Schritt für Schritt eine bessere Kniebeweglichkeit erreichen – und das kann auch bei Osteoporose-Patienten hilfreich sein, wenn es darum geht, Angst vor Bewegung und Schonhaltungen abzubauen.

Lerne mehr zu diesem Thema auf meinem Youtube Kanal.

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Über den Autor Christian Schroth

Mit über zwei Jahrzehnten Berufserfahrung in der Physiotherapie konzentriert sich Christian auf die Behandlung von Arthrose, Osteoporose, Hüft-TEP und Knie-TEP, sowie Schlaganfall (unter Verwendung der Methoden Bobath, Forced Use und PNF) und Golf-Physiotherapie.

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